Zeitenwandel im Fundraising und in Nonprofit-Organisationen

Im Fundraising – und damit in der Folge auch in Nonprofit-Organisationen – stehen wir vor einem Zeitenwandel. Die Zeit des Erfolgs mit Direktmarketing geht definitiv zu Ende. Die Gründe sind vielfältig zu tun. Er zeigt sich schon seit vielen Jahren im immer schnelleren Rückgang der Anzahl der Spendenden. Mittlerweile schwinden auch die Einnahmen. Und parallel hierzu haben sich Einstellungen in der Gesellschaft gewandelt: Menschen wollen mitgestalten, und nicht nur ihre Spende an der Kasse abgeben.

Das Ende des Direktmarketings

Dieser Wandel steht der Logik des Direktmarketings diametral entgegen. Beim Direktmarketing geht es um das Setzen von emotionalen Impulsen, auf die Adressaten mit einer Spende reagieren sollen. Die Reaktionen auf die emotionalen Impulse – und hierin lag die Innovation – kann man messen und damit die Ansprache optimieren, indem man durch Tests herausfindet, welche emotionalen Impulse unter welchen Bedingungen am erfolgreichsten sind. Der Wunsch, mitzugestalten oder Teil einer Community zu sein, ist darin jedoch nicht vorgesehen.

Wohin sich Fundraising entwickelt

Das Ende des Direktmarketings in seiner bisherigen Form und damit die Zeitenwende im Fundraising führt unmittelbar zu einer Neuorientierung des Fundraisings:

  • Statt über Impulse zu emotionalisieren, spielt die Mission eine immer größere Rolle. Beim Mitgestalten geht es zentral um die Frage, was, wie und warum gestaltet werden soll. Hinter diesen Fragen stehen wiederum Werte, Menschen- und Gesellschaftsbilder sowie auf Ebene der Förder:innen auch biografische und sozialisatorische Erfahrungen.
  • Wir müssen stärker über Communities auf Basis von Werte-Clustern nachdenken, die einen Ort bieten können, an dem Mitgestalten stattfinden kann. Wie diese Communities auszugestalten sind und ob Förder:innen überhaupt Interesse an ihnen haben, ist zurzeit noch offen und muss untersucht werden.
  • Damit brauchen Förder:innen auch eine Rolle in der Narration der Organisation. Dies geht über reines Storytelling hinaus und berührt die Frage, wie die narrative Struktur der Organisation aufgebaut ist. Diese ist eine Voraussetzung dafür, dass die Organisation überhaupt verstanden werden kann.
  • Wenn wir uns anschauen, wie Influencer:innen Communities aufbauen, werden wir auch über Inszenierungen nachdenken müssen. Dabei geht es zentral auch um die Rolle und das Aufgabenverständnis von Fundraiser:innen sowie die unterschiedlichen Skills, die benötigt werden.

Dies sind nur einige Aspekte und Fragen, die bei der Neuausrichtung des Fundraisings im Zeitenwandel eine Rolle spielen und auf die wir zurzeit nur unzureichend vorbereitet sind – auch wenn viele einzelne Aspekte durchaus schon diskutiert wurden und werden und schon erste Erkenntnisse vorliegen.

Worauf sich Organisationen einstellen müssen

Was aus den wenigen Beispielen auch deutlich wird: Für die Organisationen wird Fundraising anstrengender. Bisher spielt Fundraising bei der Beschaffung von Ressourcen eine nachgelagerte Rolle. Wenn es in Zukunft um Mitgestalten geht, ändert sich auch die Rolle des Fundraisings in den Organisationen: Es geht dann viel stärker um „Development“, nämlich die Beteiligung von Fundraiser:innen und Förder:innen an Gestaltungsprozessen und an der Frage, was sinnvollerweise umgesetzt werden soll – ohne dabei die inhaltliche Führung bei dieser Aufgabe abzugeben. Die inhaltliche Expertise wird immer in den Organisationen liegen.

Was auf die Organisationen zukommt, ist die Klärung der Mission und der Theory of Change inklusive der inhärenten Werte, Menschen- und Gesellschaftsbilder. Dies hört sich einfach an, stellt Organisationen jedoch vor eine große Aufgabe. Mit der Klärung dieser Aspekte werden alle innerorganisatorischen Konflikte offengelegt, damit sie bearbeitet und gelöst werden können. Dies ist für die meisten Organisationen ein schmerzhafter Prozess, den viele gerne vermeiden. Wer allerdings im neuen Fundraising nach dem Zeitenwandel langfristig erfolgreich sein will, wird nicht umhinkommen, diese Aufgaben zu lösen. Wird dies versäumt, besteht die Gefahr, dass Förder:innen nicht mehr anschließen können. Und dann hätten sie keinen Grund mehr, sich zu engagieren.

Fazit: Zwei einander bedingende Wandelungsprozesse

Damit stehen wir im Fundraising in zwei Wandlungsprozessen, die sich gegenseitig bedingen. Auf der einen Seite ist im Fundraising das Ende des Direktmarketings in seiner bisherigen Form angebrochen. Wir erleben dabei, dass bisherige Erkenntnisse, Modelle und Erklärungsansätze, auf denen lange der Erfolg im Fundraising basierte, nicht mehr stimmen und uns nicht mehr weiterhelfen. Die Anzahl der Spendenden und auch die Umsätze im Fundraising sind historisch niedrig. Gleichzeitig beschleunigt sich der Abwärtstrend.

Mit einer Veränderung des Fundraisings ist auch die einfache Zeit der Organisationen vorbei, in der die Fundraiser:innen die fehlenden Ressourcen zu besorgen hatten, ohne den Rest zu stören. Ein neues Fundraising nach dem Zeitenwandel stellt an Organisationen neue Anforderungen: Die Rolle des Fundraisings in der Organisation verändert sich und damit auch die Einbindung des Fundraisings und sein Stellenwert innerhalb der Organisationen. Damit verbunden ist eine veränderte Aufstellung und Kommunikation von Organisationen, was wiederum Auswirkungen auf die erforderlichen Qualifikationen und Skillsets der Menschen im Fundraising hat. Wir stehen mitten in herausfordernden Zeiten.

 

Eine nachhaltig finanzierte Zivilgesellschaft, die die Welt ein Stück besser macht und ohne Ausbeutung und Selbstausbeutung auskommt, ist die Mission von Dr. Kai Fischer. Deshalb beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Aufbau langfristiger Beziehungen zu Förder/innen und bietet hierfür Strategie-Beratungen, Inhouse-Workshops und Seminare an.

 

Dr. Kai Fischer

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