Haiti vs. Japan – 5 Beobachtungen im Online-Fundraising
Zwei Naturkatastrophen, die nur ein Jahr auseinanderliegen: Bei beiden spielte Online-Fundraising eine große Rolle. Wie hat sich das Verhalten der Amerikaner in diesem Zeitraum geändert und welche Schlüsse lassen sich ziehen?
Network for Good mit seinem Online-Giving-Index bietet eine gute Möglichkeit, das Spenden nach beiden Naturkatastrophen zu vergleichen. Dabei fällt auf, dass die Online-Spenden, die von Network for Good verarbeitet wurden, nach beiden Katastrophen etwa gleich hoch waren (Haiti: 6,7 Mio. US$; Japan: 6,9 Mio. US$).
Beobachtung 1:
Online-Spenden nach Katastrophen gehen vor allen Dingen über Portale ein – und dies mit deutlich steigender Tendenz. Während 52 % aller Spenden für Haiti über Portale gegeben wurden, waren es ein Jahr später bereits 79 %
Beobachtung 2:
Charity-Websites der Hilfsorganisationen haben nach dem Erdbeben von Japan keine Rolle gespielt. Nur 2 % aller Spenden wurden über die Websites der Hilfsorganisationen gegeben. Nach dem Erdbeben in Haiti waren es immerhin noch 20 % aller Spenden gewesen.
Beobachtung 3:
Spenden über Social Websites und aus Unternehmen sind zwar zurückgegangen, konnten sich aber behaupten. Wurden für Haiti noch 16 % der Spenden über Facebook und Co. gegeben, waren es ein Jahr später nur noch 11 %. Die Spenden aus Unternehmen haben sich von 12 auf 8 % verringert.
Beobachtung 4:
Kampagnen mit Social Media haben viele, jedoch geringere Spenden erzielt, die insgesamt aber zu ansehnlichen Ergebnissen führten.
Beobachtung 5:
Das amerikanische Red Cross ist bei beiden Katastrophen der Top-Empfänger (nach dem Erdbeben von Haiti konnte es 27 % aller Spenden verbuchen, 2011 waren es 57 % aller Spenden), ansonsten gehören aber unterschiedliche Organisationen zu den Top-Five.
Katastrophen-Spender sind anders
Die vorliegenden Zahlen machen deutlich, dass nach Katastrophen andere Menschen online spenden als dies sonst der Fall ist. Sie haben andere Präferenzen und nutzen andere Transaktionswege. Die große Rolle der Spenden-Portale zeigt, dass hier keine Bindung zu den Hilfsorganisationen besteht, denn sonst hätten auch deren Websites aufgerufen werden können. Auf Portalen wiederum werden die Organisationen mit der bekanntesten Marke – in diesem Fall das amerikanische Red Cross – bevorzugt. Ein Grund mehr für alle Organisationen, die in der Soforthilfe aktiv sind, nicht nur ihr Online-Fundraising, sondern auch die Marke zu stärken.
Ob die Aktivitäten der Hilfsorganisationen die Ergebnisse beeinflusst haben, lässt sich aus den vorliegenden Daten nicht ablesen. Wenn einige Hilfsorganisationen nach dem Tsunami nicht zu Spenden aufgerufen haben, kann auch dies die Daten beeinflussen – insbesondere wenn es sich um bekannte Organisationen handelt, die ihre Förderer nach einer Katastrophe gut mobilisieren können.
Kampagnen in Social Media gewinnen an Bedeutung
Auffällig ist darüber hinaus auch die zunehmende Bedeutung von Social Media. Hierbei spielen weniger die Auftritte der Organisationen selbst, als vielmehr die Aufrufe der Unterstützer im Freundeskreis eine immer wichtiger werdende Rolle. Wenn sich Menschen für eine Organisation engagieren und ihr Umfeld zu Spenden aufrufen, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Freunde und Bekannte spenden. Diese indirekte Form des Online-Fundraising birgt sicherlich noch Potenzial.
Grundlage der Daten sind die über Network for Good transferierten Spenden. Seit vielen Jahren bietet Network for Good amerikanischen Organisationen die Möglichkeit, Online-Spenden einzuziehen. Durch die Vielzahl der Organisationen, die Network for Good nutzen, und der Möglichkeiten, Online-Spenden auszulösen und zu transferieren, lassen sich Aussagen über Trends im amerikanischen Online-Fundraising machen.
Dr. Kai Fischer
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