Unternehmenspartnerschaften auf Augenhöhe – wie gelingt es?
Im ersten Teil haben wir erläutert, was die internen Voraussetzungen für Unternehmenskooperationen sind, welche Ressourcen vorhanden sein sollten und welche Skills die Organisation evtl. zusätzlich benötigt (Key-Account-Management). Zusätzlich haben wir über das Matching geschrieben, wie man passende Unternehmen findet und über die Unterstützung durch Türöffner.
Nach dem letzten Newsletter haben wir viele Nachfragen von GeschäftsführerInnen und FundraiserInnen bekommen, wie eine Unternehmenskooperation auf Augenhöhe gelingen kann. Auch auf dem Fundraisingkongress in Kassel wurden viele Fragen zur „Augenhöhe“ und der Gestaltung von Kooperationen gestellt. Viele Organisationen sehen sich derzeit noch nicht in der Lage, die Ressourcen für Kooperationen bereitzustellen. Deshalb habe ich im Anschluss Vertreter verschiedener spendenfinanzierter Organisationen gefragt, was sie eigentlich hindert, an Unternehmen heranzutreten und was für sie der Begriff „Augenhöhe“ bedeutet. Die Antworten waren verblüffend und aufschlussreich, daher gehen wir im zweiten Teil auf diese Fragestellung ein.
Professionelle Beziehungsgestaltung – Partnerschaft auf Augenhöhe
Meine (nicht-repräsentative) Befragung unter Fundraisingverantwortlichen hat ergeben, dass viele FundraiserInnen und GeschäftsführerInnen ein unangenehmes Gefühl des „Bittstellens“ haben bei dem Gedanken, an Unternehmen heranzutreten. Das ist Hindernis Nummer eins. Hindernis Nummer zwei ist, dass die Befragten nicht wussten, wie sie sich als Organisation präsentieren können und was sie als Gegenleistung anzubieten haben. Hindernis Nummer drei ist die direkte Ansprache und Beziehungsgestaltung, die anderes Fähigkeiten erfordert als das Schreiben von Mailings oder Online-Fundraising.
Viele Bedenken und gefühlte Hindernisse in Bezug auf Unternehmenskooperationen hängen mit der Beziehung zu den Spendern zusammen, die die Organisation derzeit pflegen. Spenden an die Organisation werden häufig durch gezielte Ansprache mit Directmailings gewonnen, dabei ist die Spende selbstlos und ohne Gegenleistung, vom „Dankeschön“ einmal abgesehen. Der/ die SpenderIn ist weit weg, selten in direktem Austausch mit der Organisation und hat in der Regel keinen Einfluss auf Programm und Strategie. Viele Organisationen sehen keine Möglichkeiten, mit den gleichen Instrumenten Unternehmen anzusprechen – zu Recht, denn diese Art der Kommunikation ist für die Ansprache von Unternehmen und vermögende Privatpersonen ungeeignet.
Gemeinsam etwas verändern
Unternehmen mit einer CSR-Strategie wollen mehr als ihre Produkte und Leistungen verkaufen. Ihnen ist vielfach bewusst, dass sie als Unternehmen auch Verantwortung für die Gesellschaft tragen und hierfür wollen sie sich engagieren.
Nehmen Sie Unternehmen, mit denen Sie auf Augenhöhe kooperieren wollen, in diesem Punkt ernst. Bieten Sie ihnen an, mit Ihnen gemeinsam einen Schritt zu gehen und die Welt ein Stück besser, gerechter und auch schöner zu machen. Hierin erkennen Unternehmen ihren eigenen Beitrag und finden einen Anknüpfungspunkt für ihr Engagement, das auch über das Zahlen eines Betrags hinausreichen kann. Unternehmen können in eine Kooperation mehr einbringen als nur Geld – und würden dies auch gern tun.
Das setzt aber voraus, dass Geschäftsführer/innen und Verantwortliche für CSR ihre Ideen und Sichtweisen mit einbringen können. Gemeinsam ergeben sich gute Ideen und neue Blickwinkel, die ein Projekt weiter voranbringen können. Nutzen Sie dies und hören Sie zu, was Ihren Gesprächspartner an Ihrer Organisation gefällt: Teilen Sie die gleiche Sicht auf eine Herausforderung? Finden Sie gemeinsame Ansätze zu deren Lösung? Welchen Beitrag können Ihre Gesprächspartner leisten? Macht es Ihnen und Ihren Gesprächspartnern Spaß, zusammen zu arbeiten?
Legen Sie den Fokus auf eine gemeinsame Lösung einer gesellschaftlichen Herausforderung, brauchen Sie nicht mehr um Geld zu bitten. Sie bieten die Teilhabe an einer Lösung an, auf die das Unternehmen eingehen kann. Das ist die Basis einer Beziehung auf Augenhöhe.
Das Mindset: Gemeinsamkeiten statt Spendenbitte
Wer auf Augenhöhe Kooperationen möchte, benötigt ein anderes Mindset: Es geht nicht um das Geld, sondern um die gemeinsame <Lösung einer gesellschaftlichen Herausforderung. Geld und andere Ressourcen sind dann nur die Mittel, um gemeinsame Ziele – den Impact – zu erreichen. Jeder der Partner steuert das hierzu bei, was er am besten geben kann: Sie die inhaltliche Expertise und die Partner Ressourcen in unterschiedlichen Formen.
In Kooperationen haben Sie es mit einem Partner zu tun, dem Sie ein Angebot machen: Die Entwicklung gemeinsamer Programme zur positiven Gestaltung von Gesellschaft. Deutlich wird das übrigens in der angloamerikanischen Berufsbezeichnung „Head of Development“, hierzulande in etwa „Bereichsleitung Fundraising“: In „Development“, im Deutschen „Entwicklung“, ist unmissverständlich die gemeinsame Gestaltung der Kooperation enthalten. Darum braucht es für Kooperationen ein anderes Mindset als für das Sammeln von Spenden: Sie bitten nicht um eine Spende, Sie bieten die gemeinsame Gestaltung von Zivilgesellschaft an.
Das setzt aber auch voraus, dass Sie sich auf Ihre Gesprächspartner in den Unternehmen einlassen. Auch wenn sie keine inhaltlichen Experten sind, wollen sie beteiligt sein, ihre Sichtweise berücksichtigt wissen und auch mitsprechen dürfen. Das bedeutet auf Ihrer Seite auch: Zuhören ist viel wichtiger als selbst reden. Lassen Sie sich die Geschichten erzählen, die Ihre Gesprächspartner bei Ihrem Thema umtreiben. Hier verraten sie Ihnen, warum sie gern mit Ihnen kooperieren würden und wie Sie die Kooperationen gestalten können.
Fazit: Auf die Haltung kommt es an
Wer auf Augenhöhe mit Unternehmen kooperieren möchte, sammelt keine Spenden, sondern bietet Gestaltung an. Das erfordert auf der einen Seite, dass Sie sich klar sind, warum Sie die Gesellschaft gestalten wollen und welche Herausforderung auf welche Weise gelöst werden soll. Dies ist die Basis für ein Angebot zur Kooperation.
Auf der anderen Seite gehört zur Einladung an ein gemeinsames Gestalten auch das genaue Hinhören auf die Sichtweisen und Geschichten der Verantwortlichen in den Unternehmen: Welche Herausforderungen wollen oder müssen sie lösen? Und je genauer Sie hinhören, können Sie Ihren Gesprächspartnern unwiderstehliche Angebote machen, die sie gar nicht ablehnen können. Deshalb: Begegnen Sie anderen Menschen immer auf Augenhöhe.
Gegenleistungen: Corporate Volunteering
In der Gestaltung der Zusammenarbeit sind Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt, ein Klasssiker, den Sie kennen sollten, ist jedoch Corporate Volunteering: Corporate Volunteering sind laut Wikipedia „betriebliche Freiwilligenprogramme“ oder „Förderung des Mitarbeiterengagements“. Gemeint ist der „Einsatz von Humanressourcen eines Unternehmens für gemeinnützige Zwecke, welcher über das originäre Kerngeschäft hinausgeht.“
Das in Deutschland relativ neue Instrument des Corporate Volunteering als Teil der Responsibility eines Unternehmens, umfasst einerseits den Einsatz von Mitarbeitenden eines Unternehmens in diversen Projekten gemeinnütziger Art und andererseits die Förderung des bereits bestehenden freiwilligen Engagements von Mitarbeitern.
CV Projekte werden zum einen genutzt, um Unternehmenswerte und -kultur zu entwickeln Organisationsentwicklung oder Mitarbeiter im Rahmen von Personalentwicklung fortzubilden. Zum anderen generieren Unternehmen dadurch Marketingvorteile: das Ansehen des Unternehmens steigt sowohl bei Beschäftigten als auch im lokalen Gemeinwesen.“ (Wikipedia). Zusätzlich ist das Engagement von Unternehmen relevant für das Gewinnen von gut ausgebildeten Mitarbeitenden, die Generationen X,Y und die s.g. Millennials sind sehr am gesellschaftlichen Engagement eines Unternehmens interessiert. Nachhaltiges Engagement im CSR Bereich zahlt auf die Attraktivität des Unternehmens für BewerberInnen ein und ist damit ein Wettbewerbsvorteil.
Corporate Volunteering-Maßnahmen werden sowohl losgelöst von Unternehmensspenden an eine Organisation vereinbart, häufig jedoch sind sie eingebettet in finanzielle Unterstützung einer Organisation, im Rahmen von Spenden oder Sponsoring.
„Das x-te Mal die Wand in einer Schule zu streichen, ist ja auch nur bedingt sinnvoll“ sagte neulich eine Workshopteilnehmerin zum Thema Corporate Volunteering. Stimmt. Darüber hinaus ist der Klassiker des Corporate Volunteering nicht besonders innovativ. ABER: Denken Sie nicht daran, was für Sie sinnvoll ist, sondern was den Mitarbeitenden des Unternehmens ein Erlebnis schafft, das für Sie eine Bedeutung hat. Für Unternehmensvertreter kann es sehr eindrucksvoll sein, eine Schule in einem sozialen Brennpunkt zu besuchen (um dort eine Wand zu streichen). Sie erfahren so, was es bedeutet, in maroden Gebäuden mit schlechter Akustik lernen und lehren zu müssen, wo die Wände seit Jahren keine Farbe mehr gesehen haben. Wenn Sie Mitarbeitende aus Unternehmen einladen, eine andere Lebenswelt kennen zu lernen, bieten Sie ihnen eine neue Perspektive an. Sie geben Ihnen die Möglichkeit, eine andere Welt kennen zu lernen und später ihren Kollegen, Freude und Familie davon zu erzählen. So entsteht Bindung und Bindung stärkt ihre Kooperation.
Auswahl von Corporate Volunteering Maßnahmen
Wie gestalte ich geeignete Maßnahmen, die für ein Unternehmen attraktiv sind? Schauen Sie bei Corporate Volunteering Maßnahmen auf sich selber- Was in Ihrer Organisation ist für die Menschen im Unternehmen interessant? Für welche Abteilungen? Welche gemeinsamen Geschichten können Sie erleben, wo kann das Unternehmen Sie unterstützen und was können umgekehrt Sie dem Unternehmen bieten? Skizzieren Sie einige mögliche Maßnahmen und gemeinsame Programme und bereiten Sie sie so auf, dass der Mehrwert für das Unternehmen verständlich und auf den ersten Blick attraktiv ist.
Behalten Sie dabei Augenhöhe und Gegenseitigkeit im Blick: Nicht nur Sie liefern dem Unternehmen Erlebnisse und Beteiligung, auch umgekehrt wollen Sie als Organisation vom Unternehmen lernen. Wenn Sie Fragen dazu haben, rufen Sie uns gern an oder besuchen Sie unseren Workshop „Pitch Perfect“ zu Unternehmenskooperationen und der Vorstellung im Unternehmen: Am 31.05.2017 bei Mission-Based Consulting.
In den nächsten Newslettern: Der Pitch im Unternehmen und professionelle Beziehungsgestaltung durch Key-Account-Management.
Jaana Rasmussen ist geschäftsführende Partnerin bei Mission-Based Consulting und hat in den letzten Jahren Fundraising und Unternehmenskooperationen bei Teach First Deutschland verantwortet. Bei Mission-Based Consulting unterstützt sie beim Aufbau von Kooperationen und der Ansprache von Unternehmen.
Dr. Kai Fischer
Sprechen Sie mich gerne an, ich freue mich von Ihnen zu hören!
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